Problematisches Sportwetten aus Sicht einer Angehörigen
Problematisches Sportwetten aus Sicht einer Angehörigen
Mit Sport hat das schon lange nichts mehr zu tun
Silvia, 53 Jahre alt, erzählt:
„Mein Mann war immer schon sehr sportbegeistert, hat sich praktisch jedes Fußballspiel angeschaut, war bei Heimspielen auch immer im Stadion. Deshalb habe ich mir anfangs auch gar nicht viel dabei gedacht, dass er ab und zu auch ins Wettbüro gegangen ist. Seine Freunde waren auch häufiger dort, anfangs bin ich sogar ein paar Mal mit gegangen. Selber eine Wette abzuschließen hat mich allerdings nie gereizt.
Mir ist das erste Mal etwas aufgefallen, als mein Mann kurz hintereinander größere Beträge beim Sparkassenautomaten abgehoben hat. Ich habe ihn natürlich zur Rede gestellt, denn besonders dicke hatten wir es nie. Er redete sich raus, sagte, er wüsste nicht, wohin das Geld sei. Als ich nicht locker ließ, sagte er mir dann, dass er das Geld beim Sportwetten verloren hat. Natürlich gab es daraufhin Streit und er hat dann auch ein paar Wochen nicht mehr gespielt.

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Irgendwann hat er wieder angefangen, immer häufiger ist er ganze Abende weg geblieben. Er hatte zu der Zeit viel Stress bei der Arbeit. Das Wetten sei für ihn die beste Ablenkung, sagte er mir. Weil er mir versprochen hat, nur um geringe Beträge zu spielen und ich ihm auch den Spaß nicht verderben wollte, fand ich das dann auch zuerst okay. Was ich nicht wusste: Mein Mann hatte zu dem Zeitpunkt schon einen Sparvertrag aufgelöst und das Geld fast komplett verwettet. Zu Hause war er häufig gereizt, aber das habe ich auf seine Arbeitsbelastung geschoben. Um ihn zu entlasten, habe ich besonders viel Rücksicht auf ihn genommen und immer ein Auge zugedrückt, wenn er abends los zog.
Als mir dann Freunde erzählt haben, dass mein Mann sich bei ihnen Geld leihen wollte, wollte ich es erst gar nicht glauben. Darauf angesprochen, leugnete er erst wieder. Das hätten unsere Freunde falsch verstanden, er habe das nur so dahin gesagt. Er hat mir dabei aber nicht in die Augen schauen können.
Ich habe nachgehakt und irgendwann hat er alles zugegeben: Dass er fast unser ganzes Erspartes verwettet hat und auch noch Schulden gemacht hat. Ich war fassungslos, wütend – auch auf mich, weil ich so lange nichts mitgekriegt habe. Und dachte, dass ich meinem Mann nie wieder vertrauen könnte. Die Geldverluste waren schmerzhaft für mich, besonders weh tat aber sein Lügen.
Die ganze Situation war mir so unbeschreiblich peinlich. Mein Mann verspielt unser Geld – wem hätte ich das erzählen können? Dann kam der Entschluss: Entweder lässt mein Mann sich beraten oder wir gehen getrennte Wege. Er hat sich darauf eingelassen, zum Glück. Selber war ich auch in einer Beratungsstelle, habe mich über alles informiert und natürlich mitbekommen, dass wir nicht die einzige Familie sind, die von Glücksspielsucht betroffen ist. Dass es sich um eine echte Sucht handelt und dass die Angehörigen dabei immer mit betroffen sind, habe ich erst in der Beratung so richtig verstanden.
Wir haben danach immer wieder auch schwierige Phasen gehabt, aber insgesamt ging es aufwärts, nachdem sich mein Mann für eine ambulante Betreuung entschieden hatte und ich eine gute Beratungsstelle gefunden hatte, die mich in dieser Zeit begleitet hat. Heute ist mein Mann fünf Jahre spielfrei – ich würde sagen, uns geht es gut.“