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Glücksspiele: eine „schädliche Angelegenheit“

Glücksspiele: eine „schädliche Angelegenheit“

Der zum Ende des vergangenen Jahres erschienene Glücksspielatlas hat es noch einmal auf den Punkt gebracht: Die Glücksspielindustrie – hierzulande und an vielen anderen Orten der Welt – ist mächtig und erzielt hohe Umsätze. So beliefen sich die Spieleinsätze im Jahr 2021 alleine in Deutschland auf ganze 44,1 Milliarden Euro. Besonders erfolgreich und mit wachsendem Marktanteil: das Segment „Sportwetten“. Zur Erinnerung: Sportwetten sind in Deutschland seit dem Herbst 2020 erlaubnisfähig, seitdem hat sich dieser Markt stetig vergrößert.

Sportwetten: 1,4 Milliarden Euro Nettoverluste für Spielende

Im Jahr 2022 wurden durch Sportwetten hierzulande Bruttospielerträge im Wert von 1,4 Milliarden eingenommen. Die Bruttospielerträge bei Glücksspielen umfassen die Einsätze der Spielenden abzüglich ihrer Gewinne. Es handelt sich bei den 1,4 Milliarden Euro also um die Nettoverluste der Spielenden – und das alleine auf dem Sportwettenmarkt. Noch erfolgreicher waren die Geldspielautomaten in der Gastronomie und in Spielhallen mit Bruttospielerträgen von 4,8 Milliarden Euro und die Lotterien des Deutschen Lotto- und Totoblocks mit zusammen 4,1 Milliarden Euro.

Die Werbung von heute schafft die suchtkranken Menschen von morgen

Mitverantwortlich für die hohen Erträge der Glücksspielindustrie ist deren massiver Werbedruck. Im Glücksspielatlas bezeichnet der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, die Art und Weise, wie für Glücksspiele geworben wird, als „aggressiv“. Blienert: „Hier muss der Glücksspielstaatsvertrag erheblich nachgebessert werden. Eins ist klar, die Werbung von heute schafft die suchtkranken Menschen von morgen.“

1,3 Millionen Menschen mit Glücksspielstörung

Neben den „suchtkranken Menschen von morgen“ gibt es natürlich jene Menschen, die bereits jetzt erkrankt sind: die glücksspielabhängigen Menschen von heute also. Auch hierüber gibt der Glücksspielatlas Auskunft. Demnach sind in Deutschland 1,3 Millionen Menschen von einer Glücksspielstörung betroffen. Zum Vergleich: In Hamburg leben etwa 1,8 Millionen Menschen, in Köln knapp über 1 Million. Und auch diese Zahl macht nachdenklich: 7,7 Prozent aller Glückspieler*innen erfüllen die Kriterien einer Glücksspielstörung. In den Familien und im Umfeld dieser Menschen leben wiederum Menschen, die von der Glücksspielstörung ebenfalls (mit) betroffen sind: Partner*innen, Familienangehörige, Freund*innen, Arbeitgeber*innen und Gläubiger*innen.

So schädlich sind Glücksspiele

Etwa zeitgleich zur Veröffentlichung des deutschen Glücksspielatlas ist in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ ein Artikel mit der Überschrift „Gambling: a harmful commodity“ erschienen. Übersetzt bedeutet das soviel wie „Glücksspiel: eine schädliche Angelegenheit“. In dem Text wird von den Autor*innen mit eindeutigen und klaren Worten der Schaden umrissen, den Glücksspiele verursachen. So ist beispielsweise gut belegt, dass Menschen mit einer Glücksspielstörung ein erhöhtes Suizidrisiko haben.

„Rauchen Sie? Trinken Sie Alkohol? Spielen Sie Glücksspiele?“

Die Autor*innen des Artikels beschreiben den Verlust an Lebensqualität durch exzessives Glücksspielen als sehr hoch, insbesondere durch die dadurch ausgelösten finanziellen Nöte und den psychischen Stress für die Betroffenen und ihre Familien. Hinzu kommen negative Folgen für Ausbildung und Karriere. Die Verantwortlichen des Artikels plädieren zwar dafür, dass bei Gesundheitsgesprächen, zum Beispiel zwischen Ärzt*innen und ihren Patient*innen, die Frage „Spielen Sie?“ so selbstverständlich gestellt wird wie die Frage nach Zigaretten- und Alkoholkonsum. Dennoch betonen sie, dass vor allem eine deutlich strengere Regulierung des Glücksspiels seine Schädlichkeit reduzieren könne. Denn die Gesundheitsschäden durch Glücksspiele seien nicht vor allem durch die mangelnde Willenskraft oder fehlende Selbstkontrolle der Spielenden zu erklären, sondern ein Ergebnis rücksichtsloser Taktiken der Glücksspielindustrie. Sie schlagen vor, sich bei der zukünftigen Regulierung von Glücksspielen an den Maßnahmen zur Tabakkontrolle zu orientieren.

Wir wünschen allen Leser*innen ein gesundes neues Jahr.

Die Redaktion von Automatisch Verloren

Quelle

Schütze, C., Kalke, J., Möller, V., Turowski, T., Hayer T. (2023). Glücksspielatlas Deutschland 2023: Zahlen, Daten, Fakten. Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung, Deutsche Hauptstelle für Sucht- fragen, Arbeitseinheit Glücksspielforschung der Universität Bremen: Hamburg / Hamm / Bremen.

 The Lancet (2023). VOLUME 402, ISSUE 10414, P1723, NOVEMBER 11, 2023. Gambling: a harmful commodity. DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)02516-3

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