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Das Spiel mit der Verantwortung

Das Spiel mit der Verantwortung

Nur noch wenige Wochen, dann endet das Jahr. Traditionell ist der Jahreswechsel eine Zeit, in der wir zurück- und voraus blicken: auf das, was gelungen ist und das, was wir ändern wollen. Es ist auch die Zeit im Jahr, in der wir über grundlegende Fragen des Lebens nachdenken. Bezogen auf das Thema Glücksspiele liefert ein kürzlich erschienener Artikel aus der Fachzeitschrift „The Lancet Regional Health - Western Pacific“ hierzu Stoff zur Besinnung. Angela Rintoul und ihr Team von der Universität Melbourne betonen in ihrem Text, dass Glücksspielsucht weit mehr ist als ein individuelles Problem. Ihnen geht es vor allem um die Perspektive, dass die Strukturen der Glücksspielindustrie selbst erheblich dazu beitragen, dass Menschen in schwere Krisen geraten – bis hin zum Suizid.

Verborgene Folgen von Glücksspielabhängigkeit

Glücksspiel kann gravierende soziale, psychische und gesundheitliche Folgen haben. Neben finanziellen Verlusten sind Beziehungsabbrüche, Gewalt, soziale Isolation und Depression häufige Begleiterscheinungen. Besonders besorgniserregend: In Regionen wie Victoria (Australien) ist fast jeder zwanzigste Suizid mit Glücksspiel verbunden. In Hongkong liegt der Anteil sogar bei knapp 20 Prozent.

Das System hinter der Sucht

Die Forschenden beschreiben ein komplexes „Glücksspiel-Ökosystem“ („Gambling Ecosystem“): eine enge Verflechtung aus Glücksspielanbietern, Software-Unternehmen, Werbeagenturen, Sportverbänden und staatlichen Institutionen. Dieses Netzwerk profitiert ökonomisch von den Verlusten der Spielenden – und Glücksspielunternehmen nutzen ihre Macht, um wirksame Schutzmaßnahmen zu blockieren.
Eine der zentralen Strategien der Glücksspielindustrie ist eine Rhetorik des „verantwortungsvollen Umgangs mit Glücksspielen“ („Responsible Gambling“), so die Autor*innen in ihrem Artikel. Damit verlagere sie die Verantwortung für Glücksspiel-Störungen bzw. pathologisches Glücksspielen auf das Individuum, während die strukturellen Ursachen – aggressive Vermarktung, manipulative Spielmechaniken und leichte Zugänglichkeit – ausgeblendet würden.

Fokus auf die Verantwortung des Einzelnen fördert Scham und Stigma

Das fördere Scham und Stigmatisierung und erschwere den Zugang zu Hilfe, führen die Autor*innen aus. Ein interessanter Gedanke, den man so zusammenfassen könnte: Wer es nicht schafft, verantwortungsvoll mit Glücksspielen umzugehen, handelt – dieser Logik folgend, im Umkehrschluss – „verantwortungslos“, ein eindeutig negativer und schambesetzter Begriff. Übersehen wird dabei, dass es sich bei einer Glücksspiel-Störung um eine anerkannte Erkrankung handelt – mit ähnlichen Mechanismen wie bei einer Alkoholabhängigkeit. Zur Erinnerung: Zentrale Symptome einer Glücksspielabhängigkeit sind der Kontrollverlust und das Weiterspielen trotz negativer Konsequenzen.
Und auch darauf geht der Artikel ein: Mit der Verlagerung ins Internet hat sich die Dynamik des Glücksspiels grundlegend verändert. Online-Plattformen sammeln Verhaltensdaten, um Spieler*innen gezielt mit Werbung und Bonusangeboten zum Weiterspielen zu animieren.

Wege aus der Krise

Die Autor*innen fordern einen klaren Kurswechsel, der unter anderem strengere Verbote von Glücksspielwerbung und Sponsoring im Sport und eine transparente Erfassung von Glücksspiel-bezogenen Suiziden in den amtlichen Statistiken vorsehen sollte. Eine weitere Forderung: die strikte Trennung von Glücksspielsteuern und gemeinnütziger Finanzierung. Die Expertinnen der Universität Melbourne ziehen als positives Beispiel Länder wie Norwegen heran. Dort sei es gelungen, mithilfe staatlich regulierter Monopole mit klaren Verlustgrenzen und einer zentralen Datenkontrolle die Schäden deutlich zu reduzieren.

Wir wünschen erholsame Feiertage!

Wir finden: Wer das Thema Glücksspiel mit möglichst ungetrübtem Blick betrachtet, kann erkennen: Verantwortung beginnt nicht nur beim Einzelnen, sondern legt auch in den Strukturen, die Sucht fördern oder verhindern können.  Viele Beispiele zeigen: Ein Ausstieg aus der Abhängigkeit ist möglich und gelingt mit Unterstützung durch andere in der Regel leichter. Hier finden Sie Beratungs- und Unterstützungsangebote in Hamburg.


In diesem Sinne wünschen wir Ihnen besinnliche Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr!

Quelle: Rintoul, A., McLaren, S., Shandley, K. & Klein, B. (2025). ‘Playing to extinction’: the commercial determinants of gambling-related harm, suicidality and suicide. The Lancet Regional Health - Western Pacific, 101685. https://doi.org/10.1016/j.lanwpc.2025.101685