Über das Risiko von Sportwetten
Über das Risiko von Sportwetten
Nicht so harmlos wie viele denken
Sportwetten sind im Vergleich zu einigen anderen Glücksspielarten mit einem erhöhten Gefährdungspotential verbunden. Das zeigte sich zuletzt in einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), bei der der „Problemspieleranteil“ verschiedener Glücksspiele untersucht wurde. Als „Problemspieler“ gelten dabei Menschen, die ein entweder problematisches oder pathologisches Spielverhalten aufweisen. Je nach Glücksspielart fällt der Problemspieleranteil deutlich unterschiedlich aus. Er reicht von einem Prozent bei Lotterien (jeder 100. Lotteriespieler zeigt demnach ein mindestens problematisches Spielverhalten) zu fast 29 Prozent bei Automatenspielern, immer bezogen auf Menschen, die in den vergangenen zwölf Monaten das jeweilige Glücksspiele gespielt haben.

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Interessant ist, wie sich die verschiedenen Formen der Sportwetten in dieses Spektrum einreihen. Gleich an zweiter Stelle nach den Geldspielautomaten stehen Livewetten mit einem Problemspieleranteil von 27 Prozent. Auch unter Experten ist unstrittig, dass Livewetten eine besonders riskante Glücksspielform darstellen (mehr Informationen siehe weiter unten). Auch der derzeitige Glücksspielstaatsvertrag berücksichtigt das hohe Risiko von während eines laufenden Spiels (also „live“) abgeschlossenen Wetten und untersagt beispielsweise sogenannte Ereigniswetten, also Wetten auf einzelne Vorgänge während eines Sportereignisses.
Auch ODDSET-Sportwetten tauchen in der Rangreihe der Problemspieleranteile von Glücksspielen auf. Dabei muss man zwischen zwei Angeboten unterscheiden – dem gleichnamigen Produkt des Deutschen Toto- und Lottoblock (DTLB) und illegalen Sportwetten, die ebenfalls unter dem Namen Oddset laufen. Denn Oddset ist neben dem Produktnamen des DTLB auch die allgemeine Bezeichnung für eine Wettform, bei der auf feste Quoten für den Ausgang eines Sportereignisses gewettet wird.
Unter den Spielern, die das ODDSET-Angebot des DTLB nutzen, sind ungefähr drei Prozent mit einem problematischen Spielverhalten. Bei denjenigen, die sich an illegal angebotenen Sportwetten nach dem Oddset-Prinzip beteiligen, ist der Anteil mit 49 Prozent dagegen sehr hoch.
Das erhöhte Suchtpotenzial von Sportwetten schlägt sich auch in der ambulanten Betreuung von Menschen mit einer Glücksspielproblematik nieder. Laut BADO (Hamburger Basisdokumentation) stehen bei 13 Prozent aller in Hamburg ambulant betreuten Klienten mit der „Hauptdiagnose Glücksspielprobleme“ Sportwetten im Vordergrund ihrer Problematik.
Die Zahlen aus Hamburg zeigen auch, dass Menschen, die auf Sportereignisse wetten, relativ häufig spielen: Für die BADO-Statistik wurden die ambulant betreuten Klienten gefragt, wann sie vor dem Beginn der Betreuung zuletzt gewettet und wie oft sie Einsätze getätigt haben. 16 Prozent von ihnen gaben an, täglich gespielt zu haben, 55 Prozent wetteten an immerhin „8 bis 25“ von 30 Tagen. Bei anderen Glücksspielen war die Spielhäufigkeit deutlich niedriger. Die Häufigkeit des Spielens trägt erheblich zu einer Glücksspielproblematik bei.
Fakt ist: Sportwetten haben ein vergleichsweise hohes Gefährdungspotenzial.
Die Entwicklung eines problematischen Umgangs mit Sportwetten wird besonders durch die folgenden Faktoren begünstigt:
- Selbstüberschätzung der Spielenden: Viele Menschen, die sich an Sportwetten beteiligen, überschätzen ihre Fähigkeiten, ein Sportergebnis vorherzusagen. So wird beispielsweise das Wissen um die Mannschaftsaufstellung oft überbewertet, in der Folge werden häufig hohe Wettsummen eingesetzt und – in den allermeisten Fällen – verloren.
- Fast-Gewinne: Auch sogenannte „Fast-Gewinne“ tragen zum Gefährdungspotenzial von Sportwetten bei. Wenn ein Spielergebnis „knapp“ falsch getippt wurde, dem eigentlichen Spielausgang also „optisch“ nahe kommt (z.B. wenn von fünf Spielpaarungen nur eine falsch getippt wurde oder das Tor in der letzten Minute geschossen wird und man „nur“ deshalb daneben lag mit seinem Tipp), geht das Spiel zwar verloren. Dies wird aber von den Spielenden oft so wahrgenommen, als hätten sie beinahe gewonnen. Ein „knapper“ Ausgang kann die falsche Hoffnung nähren, bei der nächsten Runde „wirklich“ zu gewinnen. Dabei gilt: Auch fast gewonnen ist ganz verloren.
- Hohe Gewinnanreize: Bei Sportwetten können hohe Gewinnsummen erzielt werden – für viele ein bedeutender Anreiz zum (Weiter-) Spielen.
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Die Verfügbarkeit von Livewetten: Wettbüros haben lange Öffnungszeiten, Sportwettangebote über das Internet sind 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche erreichbar. Das macht die Verfügbarkeit dieser Glücksspielform besonders hoch. Die ständige Zugriffsmöglichkeit auf ein Glücksspiel gilt als ein anerkannter Risikofaktor.
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- Bei Online-Sportwetten wird meist per Kreditkarte gezahlt, so dass der Überblick über die verspielten Summen schnell verloren geht. Achtung: Online-Sportwetten waren in Deutschland bislang verboten. Mit Inkrafttreten des neuen Glückspielstaatsvertrages dürfen zwar unter klar definierten Auflagen Sportwetten auch im Internet angeboten werden (Paragraph Vier, Abs. 5). Voraussetzung dafür ist eine Konzession, die der Anbieter erwerben muss. Aktuell sind jedoch noch keine dieser Konzessionen vergeben worden. Alle online verfügbaren Sportwettangebote sind illegal. Die Teilnahme an Spielen ausländischer Anbieter, die nicht in Deutschland lizenziert sind, ist strafbar.
- Die Teilnahme an Livewetten wird durch weitere Risikofaktoren verschärft, zum Beispiel durch eine dichte Abfolge der einzelnen Spielereignisse (hohe Ereignisfrequenz) und durch eine kürzere Zeitspanne zwischen Einsatz und Spielergebnis. Das Gefährdungspotential von Livewetten ist besonders hoch. Der Gesetzgeber hat darauf reagiert, indem Wetten auf einzelne Vorgänge während eines Sportereignisses (Beispiele), sogenannte „Ereigniswetten“ verboten sind. Wetten auf das Endergebnis sind auch während des Spiels (also live) noch erlaubt.