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Interview Christiane Lieb

Interview mit Christiane Lieb, Geschäftsführerin der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen e.V. zur Kampagne „Automatisch verloren!“

 

Welche Ziele verfolgt die Kampagne „Automatisch Verloren!“?

„Automatisch Verloren!“ ist eine gemeinsame Kampagne der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS) und der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV), die über die Risiken von Glücksspielen und die Folgen einer Glücksspielsucht aufklärt. Außerdem informiert sie darüber, welche Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten es für Menschen gibt, die entweder selber oder ein Angehöriger von ihnen ein problematisches Spielverhalten entwickelt haben.
Dabei ist es unser Ziel, die betroffenen Menschen möglichst frühzeitig anzusprechen, denn schwerwiegende Folgen können in vielen Fällen vermieden werden, wenn Unterstützungsangebote rechtzeitig in Anspruch genommen werden. Die Kampagne soll deshalb dazu beitragen, den Zeitraum bis zu einem ersten Kontakt mit dem Hilfesystem zu verkürzen.
Vor diesem Hintergrund konnten wir im Jahr 2010 einen schönen Erfolg verbuchen, als mit ca. 1.000 Personen nahezu 30% mehr Personen professionelle Hilfeangebote in Hamburg in Anspruch genommen haben als noch im Jahr 2008. Dies ist auch auf den Ausbau des Hilfesystems und unsere Informationskampagne „Automatisch Verloren!“ zurückzuführen.

Worin bestanden für Sie die wichtigsten Entwicklungen im Bereich Glücksspiel bzw. Glücksspielsucht in diesem Jahr?

Glücksspiele werden zunehmend ins Internet verlagert, das gilt insbesondere für Sportwetten. Dieser Trend hat sich auch in diesem Jahr fortgesetzt und stellt uns vor neue Herausforderungen. Online-Glücksspiele sind besonders riskant, denn sie sind rund um die Uhr verfügbar und durch das Bezahlen per Kreditkarte geht leicht der Überblick über die Spieleinsätze verloren. Auch die schnelle Spielabfolge und das kurze Auszahlungsintervall tragen zu dem Gefährdungspotenzial von Glücksspielen im Internet bei. Dabei ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet in Deutschland nach wie vor verboten. Aus gutem Grund, denn es ist bei Online-Glücksspielen so gut wie unmöglich, den Jugendschutz zu kontrollieren. Übrigens bin ich – auch vor diesem Hintergrund – froh, dass wir in diesem Jahr unsere Kampagne um ein umfangreiches Informationsangebot im Internet erweitern konnten. Gerade für Menschen, die das Internet häufig nutzen, ist eine Präsenz im Web oft der kürzeste Weg, sich zu informieren oder einen ersten Kontakt zum Hilfesystem aufzubauen.
Eine zweite Entwicklung, die wir in diesem Jahr beobachtet haben, ist die steigende Popularität von Poker und Onlinepoker. Besonders jüngere Menschen steigen auf diesen Trend ein. Wenn zum Beispiel Prominente im Fernsehen Poker spielen oder die Presse intensiv über den Gewinner eines Poker-Events berichtet, dann trägt das langfristig zu einer Verharmlosung dieser Glücksspielart bei. Poker wird also zunehmend gesellschaftsfähig, obwohl sein Gefahrenpotential im Vergleich zu anderen Glücksspielen als hoch eingeschätzt werden muss.
Weiterhin haben uns natürlich auch die Verhandlungen über den neuen Glücksspielstaatsvertrag beschäftigt. Hier bin ich auf die endgültige Fassung gespannt, die in den nächsten Wochen bekannt gegeben werden soll. (Anmerkung der Redaktion: Zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht bekannt)

Welche Hilfs- und Unterstützungsangebote gibt es für Menschen in Hamburg, die sich zum Thema Glücksspiel (-sucht) beraten lassen möchten?

Zunächst einmal ist hier unser umfangreiches Internetportal zu nennen – eine gute Möglichkeit, einen Überblick über die Thematik zu gewinnen und sich erste Informationen zu holen. Hier können sich zum Beispiel Angehörige von Spielerinnen und Spielern über erste Anzeichen einer Glücksspielsucht informieren. Ein Selbsttest hilft Spielenden dabei, das eigene Spielverhalten einzuschätzen. Seit einigen Wochen gibt es auch eine türkischsprachige Version der Website. Auch mit Hilfe von neuen mehrsprachigen Informationsflyern in den Sprachen Türkisch, Persisch, Französisch und Englisch, möchten wir verstärkt Menschen mit Migrationshintergrund ansprechen.

Eine weitere wichtige Anlaufstelle ist die telefonische „Helpline Glücksspielsucht“. Die geschulten Beraterinnen und Berater bieten eine erste Hilfestellung und vermitteln an Beratungsstellen. Gerade das persönliche Gespräch ermöglicht es, eine auf den Einzelfall zugeschnittene und damit „optimale“ Lösung zu entwickeln.

Fachkundige und praktische Unterstützung, zum Beispiel bei der Beantragung einer Therapie, wird in den Beratungsstellen und auch den Selbsthilfegruppen geleistet, die es in allen Bezirken bzw. Stadtteilen gibt.

Sie sprachen das telefonische Beratungsangebot für Spieler und Spielerinnen an. Wer ruft dort an und in welche Richtung zielen die Fragen bzw. Beratungswünsche?

Etwa die Hälfte der Personen, die sich unter 040 – 23934444 an die Helpline Glücksspielsucht wenden, sind Menschen, denen es um das eigene Spielverhalten geht. Jede fünfte Anruferin bzw. jeder fünfte Anrufer ist Angehöriger eines Spielenden. Neben allgemeinen Informationen zur Thematik Glücksspielsucht geht es bei den Gesprächen vor allem um ein passendes Beratungsangebot für den Spieler bzw. die Spielerin und natürlich auch für deren Angehörige. Die Glücksspielart, die am häufigsten thematisiert wird, ist übrigens das Automatenspiel. Das überrascht nicht, denn Studien konnten zeigen, dass gerade das Spielen an Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten mit einem besonders hohen Risiko verbunden ist.

Geben Sie uns einen Ausblick auf das Jahr 2012: Wie wird es mit der Kampagne „Automatisch Verloren!“ in 2012 weitergehen? Was sind Ihre Pläne?

Aufgrund der angespannten Haushaltslage in Hamburg und der unklaren Situation beim Glücksspielstaatsvertrag sind verbindliche Aussagen im Moment nur schwer zu treffen. Aber wir haben natürlich Pläne und Ideen, um unser Angebot weiter auszubauen und bekannter zu machen. Besonders wichtig ist es mir, mit unserer gemeinsamen Aufklärungskampagne dazu beizutragen, dass die betroffenen Menschen nicht stigmatisiert werden, sondern schnell die notwendige Hilfe bekommen. Auch das mehrsprachige Angebot würden wir gerne weiter entwickeln. Hamburgerinnen und Hamburgern mit Migrationshintergrund sollte aufgrund sprachlicher Barrieren nicht der Zugang zu Unterstützung und Beratung versperrt sein.

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