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Qualitative Studie aus UK: So unterschiedlich sind die Verläufe einer Glücksspielsucht

Qualitative Studie aus UK: So unterschiedlich sind die Verläufe einer Glücksspielsucht

Wie entsteht eine Abhängigkeit von Glücksspielen? Und wie wirkt sie sich auf das Leben der betroffenen Menschen aus – ganz konkret? Diesen Fragen ging eine qualitative Untersuchung aus Großbritannien nach, die auf ausführlichen Interviews mit Betroffenen und Angehörigen basiert. Die Ergebnisse liefern ein eindrückliches Bild der vielfältigen Folgen und Belastungen eines pathologischen Spielverhaltens – und zeigen, dass nicht ausschließlich Zahlen und Statistiken dabei helfen, das Phänomen Glücksspielsucht besser zu verstehen. Denn für die Studie wurde, wie bei qualitativen Untersuchungen üblich, auf eine vergleichsweise kleine Stichprobe von Menschen zurückgegriffen (in diesem Fall waren es 25 Personen). Durch die intensiven Gespräche konnten jedoch eine Reihe von (vor allem psychologischen) Facetten einer Glücksspiel-Abhängigkeit erhoben werden. Und dazu: authentische Beschreibungen und Aussagen aus erster Hand.

Psychische Folgen: Schuldgefühle, Verzweiflung, Selbstabwertung

Eine ganze Reihe der befragten Personen berichteten von einem hohen Maß an emotionalem Stress, insbesondere von Schuld- und Schamgefühlen, depressiven Verstimmungen und Angstzuständen. Diese Gefühle verstärken sich oft noch durch gescheiterte Versuche, das Spielverhalten zu kontrollieren oder zu beenden. Eine Teilnehmerin der Studie beschreibt den Zusammenhang zwischen ihrer depressiven Befindlichkeit und dem Glücksspielen folgendermaßen (Altersgruppe 45-54, eigene Übersetzung bzw. Zusammenfassung): „Die Depression und das Glücksspielen „füttern“ sich gegenseitig. Ich spiele, wenn ich depressiv bin. Ich bin depressiv weil ich spiele. Ich verliere mein Haus, ich zahle meine Miete nicht. Ich habe meine mentale Gesundheit nicht unter Kontrolle. Es ist wie ein Teufelskreis.“.

Vorbilder aus der eigenen Familie: einladend und abschreckend

Aber auch der Reiz, den Glücksspiele gerade zu Beginn – einer später pathologisch verlaufenden Entwicklung – ausmachen können, wird deutlich. Zum Beispiel in dieser Aussage einer Spielerin (Altersgruppe 55+, eigene Übersetzung): „Wir verbringen den ganzen Abend im Bingo Club. Bei den letzten Malen ist meine 19-jährige Enkelin mit gekommen. Wir sind dann zu dritt und haben zusammen viel Spaß.“ Die Aussage zeigt auch, wie das Glücksspielen als Freizeitaktivität von Generation zu Generation weitergegeben werden kann.

Teilweise scheinen die „Vorbilder“ aus der eigenen Familie jedoch auch abschreckend zu wirken, wie diese Aussage einer anderen Spielerin (Altersgruppe 25-34 Jahre, eigene Übersetzung) zeigt: „Ich würde sagen, dass ich nicht besonders viel Spiele. Aber das liegt daran, dass mein Vater glücksspielabhängig ist. Ich habe eine ziemlich komplizierte Beziehung zum Thema Glücksspielen, würde ich sagen, weil ich Angst habe, selber abhängig zu werden und weil ich sehen kann, was für Auswirkungen eine Glücksspielsucht auf mein Leben und das Leben meiner Mutter hat. Das hält mich davon ab, so viel zu spielen, wie andere, zum Beispiel so viel wie mein Mann oder eine andere ganz normale Person.“

Wenn das Smartphone zum Glücksspielen verleitet

Regelmäßig führt der Kontrollverlust beim Spielen zu einer Überschuldung ganzer Familien. Besonders niedrig scheinen die finanziellen Hemmschwellen bei „elektronischen“ Einsätzen zu sein, zum Beispiel online per Abbuchung über die Kreditkarte. So beschreibt es ein männlicher Teilnehmer aus der Altersgruppe „35-44“ (eigene Übersetzung): „Die Einsätze per Lastschrift oder über das Telefon zu tätigen bedeutet wahrscheinlich, dass ich mehr spiele als ich sonst tun würde. Normalerweise würden wir nicht fünf Pfund auf einmal verspielen, wenn wir im Laden vor Ort wären. Aber mit dem Telefon ist es so einfach, das zu tun.“ 

Raus aus der Glücksspiel-Abhängigkeit: Wahrnehmung von Hilfsangeboten und innere Hemmschwellen

Interessant ist auch, wie die befragten Teilnehmer*innen Hilfsangebote wahrnahmen. Dass es spezielle Unterstützung für Menschen mit Spielproblemen gibt, war einer ganzen Reihe der Interviewten bewusst. So drückt es ein männlicher Teilnehmer (Altersgruppe 45-54, eigene Übersetzung) aus: „Es gibt viele Angebote da draußen für Menschen, wenn sie Hilfe benötigen. Ich bin mir sehr darüber bewusst, dass es Organisationen gibt, die Hilfe anbieten.“ Aber auch die inneren Hemmschwellen, Hilfe anzunehmen, werden deutlich, zum Beispiel in dieser Aussage eines männlichen Teilnehmers (Altersgruppe 18-34, eigene Übersetzung): „Es ist ziemlich peinlich, zugeben zu müssen, in welcher schwierigen Lage du bist. Ich bin da ganz ehrlich. Während du spielst, fühlst du eigentlich gar nichts. Aber danach fühlst du dich reumütig und schämst dich ziemlich. Das dann den Menschen zu erklären, die dir am nächsten stehen, das ist eine ganz schön entmutigende Aufgabe. Es ist peinlich, das zugeben zu müssen.“.

Fazit

Die britische Studie zeigt eindrucksvoll, wie unterschiedlich die Wege in eine Glücksspielsucht verlaufen – und wie tief die Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen und ihrer Familien reichen können. Dabei wird deutlich, dass es sich um ein vielschichtiges Geschehen handelt: Persönliche Belastungen, soziale Einflüsse und „technische“ Rahmenbedingungen (wie beispielsweise die Beschaffenheit der Spiele) greifen ineinander und verstärken sich häufig gegenseitig. Die Aussagen der Betroffenen machen deutlich, wie wichtig es ist, Glücksspielprobleme frühzeitig zu erkennen, offen darüber zu sprechen und Hilfsangebote sichtbar und auch erreichbar zu gestalten.

Quelle:

National Centre for Social Research & Gambling Commission. (2025, 8. Mai). Qualitative research on the consequences of gambling: Follow‑up interviews with participants from the Gambling Survey for Great Britain. https://www.gamblingcommission.gov.uk/statistics-and-research/publication/qualitative-research-on-the-consequences-of-gambling-follow-up-interviews

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